Holzgerlingen Online - Eule und Rabe © Bärbel Lohberg

Hochzeitsbräuche von anno dazumal

Es soll auch in Holzgerlingen im 19. Jahrhundert noch einen sogenannten "Hochzeitslader" gegeben haben, wie man es eigentlich nur aus Bayern oder Österreich kennt.

Er trug einen mit bunten Bändern geschmückten Hut, hatte an seinem Sonntagsanzug ein Blumensträußchen angesteckt und auch der Knauf seines "Hochzeitslader-Steckens" war mit Blumen und Bändern geschmückt. So war er von jedermann gleich zu erkennen. Seine Aufgabe war es, im Namen der Brautleute die Hochzeitsgäste ganz offiziell einzuladen. Dabei sagte er seinen Spruch auf - etwa mit Folgendem Wortlaut:

"Dr Hansjörg hot d'Kathree gnomma -
ihr sollet au zor Hochzich komma!"

Aus seinem Korb bekamen dann die Eingeladenen noch einen Wecken oder eine Brezel überreicht.

Der letzte "Hochzeitslader" in Holzgerlingen war Gottlob Dieterle aus der Tübinger Straße, der Großvater von Karl Frasch (Fotofrasch) hier.

Beliebte Hochzeitstermine waren früher der Oster- oder Pfingstsonntag, oder man heiratete an "Lichtmess", an Johanni (24. Juni), Jakobi (25. Juli), Bartholomäi (24. August). Man konnte aber auch dienstags oder donnerstags kirchlich heiraten - der Samstag als Hochzeitstag wurde erst viel später eingeführt.

Früher fand das Hochzeitsessen oft im Hause der Braut statt - nicht alle Familien konnten es sich leisten, in einer Gaststätte zu feiern. Ein wichtiger Punkt war die Aussteuer, die die Braut mitzubringen hatte. Dabei gab es eine Liste mit ganz bestimmten Auflagen. Was noch fehlte konnte sich die Braut von den Verwandten, Freunden und "Kirchführer" wünschen. Für diese war es eine besondere Ehre, an der Spitze des oft von Kindern angeführten Hochzeitszugs das Brautpaar "in die Kirche zu führen". Man ging natürlich zu Fuß vom Haus der Braut durch den ganzen Ort zur Kirche. Das "Kirchführer(innen)-Amt war sehr begehrt, denn nicht nur die Hochzeiter, auch sie wurden an diesem Tag von der Verwandtschaft großzügig mit Geschenken bedacht.

Wie man auf Hochzeitsbildern unserer Großeltern oder Urgroßeltern unschwer erkennen kann, trug die Braut bis Ende der Zwanzigerjahre grundsätzlich ein streng geschnittenes schwarzes Kleid. Später wurde dann ein weißer Schleier dazu getragen und ab den Dreißigerjahren kamen dann die weißen Brautkleider mit Schleier oder Schleppe in Mode.

Das Hochzeitsessen bestand meist aus drei Gängen: Siedfleisch mit Beilagen als Vorspeise, dann der bekannte schwäbische gemischte Braten mit Spätzle und Salat und als Nachtisch die beliebte "Schoodoo-Sooß" (Chaudeau-Sauce), auf deutsch Weinschaumcreme. Abends bekamen die Besucher, die nicht an die Hochzeitstafel geladen waren, Hochzeitslaible zu essen und manchmal gab es auch Bratwürste dazu. Die Getränke mussten sie selbst bezahlen. Natürlich wurde bei den Hochzeiten auch getanzt und gesungen. Das Entführen der Braut kam in unserer Gegend erst nach dem II. Weltkrieg in Mode.

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Autor:
Helga Zaiser
Mörikestraße 26
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